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Fremdsprachen - Lerntechniken Grammatik

Grammatik

Die Hausaufgabe einer Stunde in Englisch besteht häufig aus schriftlichen Grammatikübungen und dem Auftrag, den behandelten Grammatikstoff zu lernen („mündliche Hausaufgabe“). Da viele Kinder dazu neigen, erst alles Schriftliche und später alles Mündliche zu erledigen, passiert es oft, dass sie mit den schriftlichen Grammatikaufgaben anfangen und dabei feststellen, dass sie irgendetwas noch gar nicht sicher wissen oder richtig verstanden haben. Das frustriert und zwingt dazu, sich mit dem Hefteintrag oder in der Stunde gemachten Übungen zu beschäftigen; wie oben schon erwähnt, führen solche Unlustgefühle jedoch zu einer Reduktion des Lernerfolgs.

Vermeidbar ist dies auf einem einfachen Wege: Das Kind soll den Grammatikstoff einer Stunde vor den (dazugehörigen) schriftlichen Hausaufgaben anhand von Heft und / oder Buch und in der Stunde gemachten Übungen wiederholen, also die sog. „mündliche Hausaufgabe“ vor der schriftlichen machen. Auf diesem Weg wird das Verständnis des Stoffes (re-)aktiviert sowie die daraus resultierende Demotivation vermieden und die schriftliche Hausaufgabe dient darüber hinaus zugleich der Sicherung des Gelernten. Eine kurze abendliche Wiederholung des Grammatikstoffes wird dann wirklich kurz ausfallen.

Ist das Verständnis nach einiger Zeit immer noch nicht gesichert, muss man zunächst prüfen, woran das genau liegt. Gerade in den ersten beiden Lernjahren kann man nämlich feststellen, dass eigentlich nicht die fremdsprachliche Grammatikregel nicht kapiert wird, sondern die Probleme mit grammatikalischen Begriffen und Gesetzen zu tun haben, bei denen bereits im Deutschen Unsicherheiten bestehen.

 

Typisches Beispiel

Falls Schüler/-innen beim englischen Satzbau Fehler machen, rührt das nicht selten daher, dass sie die Satzteile nicht korrekt bestimmen können bzw. kein Verständnis für Eigenheiten des deutschen Satzbaus besitzen. Während im Englischen die strenge Grundregel „SPO“ bzw. „SVO“ lautet (Subjekt, Prädikat/Verb, Objekt), ist das Deutsche viel freier: Ein Polizist (Subjekt) jagt den gefährlichen Räuber (Objekt). – Den gefährlichen Räuber (Objekt) jagt ein Polizist (Subjekt). Bestimmt das Kind in der zweiten Möglichkeit die Satzteile nicht, sondern geht naiv davon aus, dass das, was vorne steht, Subjekt ist, übersetzt es den Satz falsch und verdreht sogar den Sinn (in der Übersetzung würde dann nämlich der Räuber den Polizisten jagen). Übungen, die nur den englischen Satzbau betreffen, würden hier nicht weiterhelfen; erst müsste die Fähigkeit zur Bestimmung der Satzteile vom Deutschen her gesichert werden.

Eltern sollten also grammatikalische Probleme im Gespräch mit dem Kind und ggf. mit Hilfe der Lehrkraft genauer erforschen.

Die beschriebenen Schwierigkeiten mit dem Verständnis für grammatikalische Größen sind übrigens in Latein noch häufiger der Hintergrund von Grammatikfehlern. Viele Kinder neigen hier dazu, zunächst bei jedem Wort die Bedeutung zu überlegen und dann im Stil einer Reizwortgeschichte aus diesen Bedeutungen eine (sinnvoll erscheinende) Übersetzung des Satzes vorzunehmen. Dabei werden Endungen, die über den grammatikalischen Fall und die Satzteilfunktion bestimmen, ignoriert, sodass beachtliche Konstruktionsfehler entstehen können. Falls das regelmäßig passiert, müssen Sie Ihr Kind eine längere Zeit lang zwingen, vor dem Übersetzen eines Satzes die Satzteile zu bestimmen; wenn Sie selber Latein beherrschen, können Sie das tun, ansonsten müssten Sie für diese Zeit eine Nachhilfelehrkraft engagieren (das können sehr gut ältere Schüler/-innen sein, es muss nicht eine deutlich teurere ausgebildete Lehrkraft sein), sodass das Kind wenigstens einmal in der Woche das richtige Vorgehen einschleifend übt. Meist braucht es nicht mehr als ca. fünf darauf fokussierte Nachhilfestunden.

 

Eine Hilfsfrage bei einer Fehleranalyse (nicht nur in Englisch, sondern in jedem Fach) ist eine Frage, die gewöhnlich als Vorwurf verwendet oder empfunden wird, jedoch eigentlich als wichtiges Analysemittel dienen kann: „Was hast du dir bei diesem Fehler gedacht?“Damit das Kind nicht primär einen Vorwurf heraushört, müssen Eltern den Einsatz der Frage aber gut vorbereiten – durch den Hinweis, dass man so ein mögliches Fehlverständnis am besten herausbekommt. Der Fehler weist sozusagen den Weg!

Die im Zusammenhang mit den Vokabeln besprochene Ähnlichkeitshemmung schlägt oftmals auch bei Grammatikstoff zu. Denn viele Regeln bestehen ja darin, zwei oder mehr Fälle genau zu unterscheiden, im Englischen z.B. bei der Frage, ob die normale Verbform oder die Verlaufsform anzuwenden ist. Wenn Kinder hier zu Fehlern neigen, empfiehlt es sich, im Internet oder aus Übungsbüchern Material zu besorgen, das zunächst möglichst eindeutige Fälle enthält, also nicht gleich mit feinen Unterschieden beginnt. Auf diese Weise kann das Bewusstsein für eine grammatikalische Struktur erst einmal anhand von leichten Beispielen aufgebaut und eingeschliffen werden. Vor allem muss man es in der Anfangsphase auch vermeiden, Übungen einzusetzen, in denen gleich mehrere grammatikalische Probleme miteinander verknüpft werden. (In Schulbüchern wird leider oft zu schnell alles Mögliche miteinander verknüpft. Das macht Schülern und Schülerinnen Spaß, die sich mit einer Sprache leicht tun, übersieht aber die Masse derer, die es einfach einen Tick langsamer brauchen.)

Öfters hakt es – besonders bei Grammatikübungen und beim Beantworten von Fragen – am Verständnis der englischen Fragen bzw. der englisch gehaltenen Aufgabenstellung. Wenn das der Fall ist, sollte das Kind regelmäßig alle Aufgabenstellungen bzw. Anweisungen schriftlich ins Deutsche übersetzen und ggf. dem Lehrer zur Korrektur vorlegen. Grammatikalische Aufgabenstellungen wiederholen sich dabei häufig; es ist daher empfehlenswert, sie in einer Art Vokabelliste zu sammeln und wie Vokabeln wiederholen zu lassen bzw. abzufragen.

Manche Kinder haben grafomotorische Probleme, zu Deutsch eine sehr schwer lesbare Schrift. Sie können mit einer selbst geschriebenen Vokabelliste keine Wörter lernen (auch wenn sie zur Selbstverteidigung gerne behaupten, sie wären imstande, ihre Schrift zu lesen). Hier ist es besser, dass sie entweder einfach das Buch oder noch besser eine wie eben beschrieben übersichtliche, getippte Wortliste zum Lernen benutzen. Falls das Kind nicht selber tippen kann, müssen sich hier leider die Eltern an die Arbeit machen …

 

Die Aufforderung, schöner zu schreiben, wird ein Kind mit einer solchen grafomotorischen Problematik auf Dauer nicht umsetzen können – es mag zwar dann einiges schön und lesbar schreiben, doch dabei muss es die ganze Konzentration auf die Schrift legen, und für das Lernen bleibt nichts übrig. (Wie grafomotorische Probleme entstehen, kann hier aus Platzgründen nicht weiter erörtert werden, aber spätestens ab der 5. Klasse bewegt sich bei betroffenen Kindern nichts in Richtung Verbesserung. Auf Dauer hilft in extremen Fällen nur der Umstieg auf die Nutzung eines Laptops bei Hausaufgaben, im Unterricht und in Prüfungen. Näheres dazu sagt Ihnen eine Beratungsfachkraft Ihrer Schule.)

 

Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Große Vokabelberge portionsweise lernen!
  • Vokabeln beim Lernen und Abfragen auch laut sprechen und schreiben!
  • Vokabeln frühestens 45 Minuten nach dem Lernen abfragen!

(Und Eltern dürfen wegen dann bereits vergessener Vokabeln ja nicht schimpfen. Denn Vergessen ist normal!)

  • Hilfen gegen „widerspenstige Vokabeln“: Lernplakate, Eselsbrücken, Verknüpfungen in Sätzen oder Minitexten
  • Vor schriftlichen Grammatikübungen zugehörige Hefteinträge und unterrichtliche Übungen durchdenken!
  • Genaue Fehleranalyse bei Grammatikproblemen!

 

Mit herzlichen Grüßen

Carolin Herrmann

Beratungslehrkraft Gymnasium Lohr

 

Autor: Alexander Geist, StD, Staatlicher Schulpsychologe, Supervisor (BDP)

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