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1. Neue Vokabeln lernen


Manche Schulbücher sehen erfreulicherweise vor, dass neue Vokabeln von Stunde zu Stunde nur in kleinen Portionen zu lernen sind, bei anderen fallen zu Beginn einer Lektion sehr große Mengen an neuen Vokabeln an. Für diesen Fall ist die folgende Methode besonders wichtig: die neuen Vokabeln portionenweise und verteilt über die nachmittägliche Arbeitszeit zu lernen. Das schaut am Beispiel von zwanzig neuen Vokabeln so aus: siehe Abbildung auf der nächsten Seite.

Die Vorteile der Methode sind:

  • Motivational:Wenn ein Kind einen Berg von 20 (oder mehr) Vokabeln vor sich sieht, bereitet das oft Unlust und Frustrationsgefühle. Denn das Lernen dauert lange (und gefühlt noch länger), außer bei den wenigen Überfliegern, die aber diese Lernhinweise ohnehin nicht brauchen. Aus der Forschung weiß man, dass massive Unlustgefühle zu Vermeidungsverhalten („Verschieberitis“) und vor allem zu geringerem Lernerfolg führen. Wenn ein Kind für den Moment jedoch nur fünf Vokabeln lernen muss, ist die Unlustschwelle niedrig (bzw. gleich null).
  • Gedächtnis- und konzentrationspsychologisch:Das Auswendiglernen fällt Kindern zwar oft leichter als Erwachsenen, wirkt allerdings sehr konzentrationsraubend, falls vieles hintereinander auswendig zu lernen ist. Eine reduzierte Aufmerksamkeit verlängert aber nicht nur das Lernen, sondern auch die Speicherung im Gedächtnis. Die kleinen Portionen hingegen fördern die sichere Abspeicherung im Langzeitgedächtnis. Hinzu kommt, dass die eingebaute Miniwiederholung in jedem neuen Teilschritt ebenfalls die Behaltensleistung verbessert.
  • Reduzierung des Zeitaufwands:Die Gesamtzeit für das Vokabellernen ist bei der „Teile-und-herrsche-Methode“ erfahrungsgemäß (nach einer gewissen Eingewöhnungszeit) geringer, als wenn man die Vokabeln auf einmal lernt. Das berichten alle Kinder, die die Methode umsetzen.

Vor allem das letzte Argument überzeugt Kinder. Man muss jedoch berücksichtigen, dass sie sich zunächst schwer tun, die Methode umzusetzen, weil gerade Kinder Gewohnheitstiere sind. Begleiten Sie daher in den ersten Tagen Ihren Sohn / Ihre Tochter bei der Veränderung.


Beispiel bei zwanzig neuen Vokabeln


Eigentlich sollte aus lernpsychologischer Sicht von Kindern nicht verlangt werden, mehr als ca. zehn Vokabeln von einem Tag auf den anderen neu zu lernen. Falls die Lehrkraft regelmäßig wesentlich mehr Wörter aufgibt, erkundigen Sie sich, ob das mit der Struktur des Englischbuches zu tun hat (dann sind große Vokabelberge auf einmal unvermeidlich); wenn nicht, bitten Sie die Lehrkraft, ihr System im Interesse der Kinder (und des Unterrichtserfolges) umzustellen. Ist der/die Lehrer/-in dazu nicht bereit und hat Ihr Kind große Schwierigkeiten, solche Berge in kurzer Zeit zu lernen, gibt es noch einen Ausweg, den freilich Englischlehrkräfte nicht gerne hören: Lernen Sie, falls Sie Englisch beherrschen, mit Ihrem Kind in ruhigen Zeiten, z.B. Ferien, etwas voraus, um so die täglichen „Vokabelportionen“ zu verringern.

 

Die Vokabeln „rutschen“ nicht gleich ins Langzeitgedächtnis, selbst wenn ein Kind sie sehr gründlich lernt. Dass ein Teil des Lernstoffs schon in der ersten Dreiviertelstunde nach dem Lernen wieder vergessen wird, ist ein normaler Prozess. Erst nach dieser Zeit sieht man, welche Vokabeln im Langzeitgedächtnis (einigermaßen!) verankert sind. Daher sollte auch eine Abfrage (Selbstabfrage durch das Kind oder Kontrolle durch die Eltern) eben erst dann stattfinden. Und falls nun Wörter nicht mehr gewusst werden, mögen Kind und Eltern das als normal betrachten und „cool“ bleiben. Das Kind lernt diese Wörter nach (das geht gewöhnlich schneller, weil bereits ein Lerndurchgang stattgefunden hat) und kann sich nun weitaus sicherer sein, die Vokabeln am nächsten Tag noch zu beherrschen.

Kinder ahnen wahrscheinlich intuitiv, dass sie bei einer späteren Abfrage den Eindruck erwecken, nicht „anständig“ gelernt zu haben, und deshalb mit Kritik rechnen müssen; daher drängen die meisten darauf, gleich abgefragt zu werden. Damit aber werden sie und die Eltern ungewollt Opfer eines Selbstbetrugs – an dem die Eltern freilich durch die Kritik mitschuldig sind, auch wenn man ihnen zugutehält, dass viele um die Zusammenhänge einfach nicht wissen.

Die Missachtung der 45-Minuten-Regel kann übrigens bis zur Prüfungsangst führen: Ein Kind hat zunächst das Gefühl, die gleich nach dem Lernen getesteten Vokabeln zu beherrschen. Am nächsten Tag aber sind viele Vokabeln weg, weil sie sich ja nur im Kurzzeitgedächtnis befanden. Passiert das öfters, entwickelt ein Kind unter Umständen ein Gefühl der Hilflosigkeit (es scheint, als habe das Lernen überhaupt keinen Sinn und Erfolg) und allmählich der Prüfungsangst.

 

Vokabeln sollten bei der Überprüfung immer gleich geschrieben werden – die richtige Schreibung ist ja Bestandteil der geforderten Leistung. Bei nicht wenigen Kindern reicht erfahrungsgemäß auch das Buchstabieren-Lassen keinesfalls aus; man erkennt das daran, dass solche Kinder Wörter zwar richtig mündlich buchstabieren, aber nicht richtig schreiben. Erklärbar ist das Problem mutmaßlich damit, dass das Schreiben zusätzliche Konzentration erfordert, die beim Abrufen der Schreibweise des Wortes aus dem Gedächtnis abgeht.

Das Problem wird verschärft, wenn die Kinder die Wörter schon beim Lernen nicht geschrieben haben: Denn dann fehlt die Abspeicherung des Bewegungsablaufs beim Schreiben im sog. „Körpergedächtnis“. Auch beim Klavierspielen, Autofahren oder im Sport werden auf diese Weise motorische Abläufe abgespeichert, sodass man später nicht mehr über den Bewegungsablauf nachdenken muss, sondern ihn automatisiert ausführt. Die Theorie erklärt, warum manche Kinder die Wörter zwar (z.B. bei computerbasierten Vokabellernprogrammen) richtig tippen, später jedoch nicht richtig mit der Hand schreiben können. Der (gespeicherte) Bewegungsablauf beim Tippen ist eben ein anderer als der beim Schreiben mit der Hand. Sollten Sie feststellen, dass die Übertragung nicht klappt, dürfte Ihr Kind die Schreibweise der Wörter nicht nur am PC üben. – Diese Zusammenhänge gelten übrigens auch für das Wiederholen alter Vokabeln.

Wenig Sinn macht es, ein Kind zur Sicherung der Schreibweise ein Wort drei- oder fünfmal schreiben zu lassen. Wenn das Schreiben nicht bewusst und mit voller Aufmerksamkeit erfolgt, sondern gedankenlos und mechanisch (die übliche Reaktion von Kindern auf solche Schreibaufträge), bleibt nichts hängen. Hilfreich ist ein bewusstes Führen des Vokabelhefts, in dem ja heutzutage üblicherweise das Fremdsprachenwort nicht nur einmal isoliert, sondern gewöhnlich mindestens ein zweites Mal im Rahmen von kleinen Sätzen oder Redewendungen einzutragen ist. Das Schreiben fördert – allerdings nur, falls man nicht daneben fernsieht oder Musik hört – eine bewusste Auseinandersetzung mit der Schreibweise.

 Manchen Kindern fällt es übrigens wesentlich leichter, sich die Schreibweise von Wörtern einzuprägen, wenn sie die Druckschrift statt die Schreibschrift nutzen (nicht nur im Vokabelheft, sondern generell). Lassen Sie das bitte unbedingt zu (und bitten Sie auch die Lehrkräfte um Akzeptanz). Zwar muss das schnellere Schreiben mit Druckschrift einige Zeit lang geübt werden, falls es anfangs länger dauert, gleichwohl lohnt sich die Umstellung langfristig bei nicht wenigen Kindern.

Selbst wenn die Theorie der Lernwege bzw. Lernkanäle (akustisch, optisch, haptisch usw.) wissenschaftlich umstritten ist, stellt man doch bei manchen Kindern fest, dass ihnen die Verknüpfung verschiedener Lernwege durchaus hilft. Das Ganze ist einfach umzusetzen: Beim Eintragen der Wörter ins Vokabelheft sollten gerade Kinder, die sich Wörter schwer merken, diese auch mitsprechen (➞ Lernen über das Gehör) und sich gleichzeitig bewusst ein Bild von dem Wort (z.B. im Stil der Neonreklame) und vom Wortinhalt machen (➞ Lernen über das Auge). Manchen Kindern, nämlich den stark körperorientierten oder erst recht denjenigen mit hyperaktiven Zügen, hilft es außerdem, wenn sie beim Lernen umhergehen und/oder das Wort mit ihrer Hand in die Luft schreiben oder mit dem ganzen Körper die Buchstaben auf dem Boden „tanzen“.

Kinder, die besonders gut über das Hören lernen, können das auch beim Vokabellernen (oder später beim Wiederholen von Vokabeln) nutzen: Sie sprechen die Wörter auf einen Tonträger und lassen später das Band bei anderen (stillen) Beschäftigungen nebenher laufen. Beim Besprechen des Bandes muss dabei eine Denkpause eingebaut werden: englisches Wort – Pause (ca. fünf Sekunden) – deutsche Bedeutung.

 

2. Vokabeln wiederholen

Das Vergessen ist ein normaler Prozess – das müssen sich Eltern immer wieder klarmachen, bevor sie ihre Kinder rügen, weil diese nach einiger Zeit einen mehr oder weniger großen Teil der Vokabeln nicht mehr beherrschen. Was nicht anhaltend gebraucht oder extrem wichtig ist, wird vom Gehirn zwar nicht komplett entsorgt, aber aufs Abstellgleis geschoben, selbst wenn der Lernprozess selbst optimal organisiert worden ist. Ohne Wiederholung werden deshalb schon nach einem Tag etwa 50 % von neu gelerntem Stoff vergessen, nach einer Woche sind bloß noch etwa 20 % übrig (man nennt das die „Vergessenskurve“). Dass neu gelernte Vokabeln in der Regel bereits in der folgenden Unterrichtsstunde wieder gebraucht werden, stellt zwar eine erste Wiederholung dar, doch da die Menge an neuen Vokabeln in einer Fremdsprache stets wächst, bedarf es natürlich einer dauernden Wiederholung. Das wiederum ist kein Spaß, weshalb es ebenso natürlich ist, dass die Kinder sich häufig gegen das Wiederholen sperren. Reagieren Sie auf die Abwehr bitte nicht mit nörgelnder Kritik, sondern mit wohlwollender Bestimmtheit.

Die Aufgabe wird dann weniger frustrierend, wenn sie überschaubar ist und so durchdacht gestaltet wird, dass tatsächlich ein Erfolg erzielt werden kann.

Täglich fünf bis zehn Minuten alte Wörter zu wiederholen ist besser als einmal in der Woche eine Stunde lang! Wie oben schon erwähnt, ist das Auswendiglernen (hierzu gehört indirekt auch das Wiederholen von Vokabeln) für das Gehirn eine konzentrationsraubende Angelegenheit. Fünf bis zehn Minuten lang lässt sich die Konzentration gut erhalten, über eine Stunde hinweg wird es schwierig – die Effektivität der Wiederholung lässt schnell nach.

Die Wiederholung sollte im Laufe der Zeit auf diejenigen Wörter fokussiert werden, die nicht sicher sitzen. Manche Schüler/innen fangen stattdessen immer sozusagen bei Kapitel 1 an, wiederholen also auch Wörter, die sie bereits wirklich beherrschen. Damit verschwenden sie Lernzeit. Außerdem führt solches Wiederholen zu einem Gefühl von Langeweile und Genervtheit, was wiederum die Lerneffektivität verringert, denn bei Unlustgefühlen schaltet das Gehirn automatisch ab.

Wiederholen heißt im Übrigen: Wortbedeutung, Wortaussprache und Wortschreibung üben!

Als Hilfe für die Wiederholung werden üblicherweise Karteikästen und/oder Computerprogramme propagiert, die das Karteikastensystem elektronisch umsetzen. Solche Systeme sind hinreichend bekannt (und stehen in jedem Fremdsprachenlehrbuch), sodass wir sie in diesem Elternbrief nicht weiter beschreiben. Auf den ersten Blick klingen sie sehr überzeugend, weil sie ja das eben besprochene Ökonomie-Prinzip umsetzen und sichtbar machen, wie viele Wörter bereits beherrscht werden. Aber warum nutzen die wenigsten Schüler/-innen die Methode auf Dauer? Das ist motivationspsychologisch zu erklären:

  • Am Anfang ist die Menge der Vokabelkarten übersichtlich, im Laufe der Zeit wächst freilich schnell ein gewaltiger und damit frustrierender sichtbarer Berg heran. Die zunächst positive Wirkung der Anschaulichkeit verkehrt sich ins Gegenteil.
  • Bei der computergestützten Version sieht man den Berg zwar nicht, hier taucht allerdings ein anderes Problem auf: Wenn ein Kind zwar die Bedeutung kennt, jedoch nur einen kleinen Fehler bei der Schreibweise macht, wird das Wort als nicht beherrscht verbucht. Damit haben die Kinder in der virtuellen Form des Karteikastens ebenfalls den Eindruck, dass der Berg nie endet.

Um diese Effekte zu vermeiden, sollte man den Karteikasten (vor allem ab dem zweiten Lernjahr) auf diejenigen Wörter begrenzen, die beim ersten Lernen nicht sicher sitzen oder in Hausaufgaben oder Prüfungen falsch angewendet bzw. geschrieben wurden. Viele Wörter beherrschen Kinder ja tatsächlich sehr schnell und (einigermaßen) sicher, gerade in Englisch.

Die Wiederholung wird umso effektiver sein, je mehr ein Kind die Wörter nicht nur mechanisch wiederholt, sondern aktiv etwas mit ihnen tut. Das erhöht die sog. Verarbeitungstiefe im Gehirn. Allerdings sollten Kinder zu diesem Aufwand nur bei denjenigen Vokabeln animiert werden, die sie sich besonders schlecht merken können. Hinweise dazu stehen im nächsten Kapitel.