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Willkommen bei uns am Gymnasium in Lohr!

Liebe Eltern,

Lernprobleme lassen sich immer wieder auf ungünstige Lernmethoden zurückführen. Das bezieht sich nicht auf die Lerntechniken, wie sie in entsprechenden Büchern und Kursen vermittelt werden, sondern auf grundlegende Merkmale der Gestaltung von Lernprozessen.

Es ist ja nicht so, dass SchülerInnen mit Lernproblemen gar nicht lernen würden – oft genug tun sie es, aber eben in ungünstiger Weise; dafür steht im Folgenden der Begriff der „Lernfallen“. Das Fatale dabei ist, dass auf diese Weise schnell Demotivation eintritt („Ich habe gelernt, und trotzdem hat es nichts gebracht!“), manchmal sogar Angst, wenn man als Kind zu Hause etwas kann (genauer: wenn es scheint, als ob man etwas kann – Näheres dazu siehe unten), in der Schule bzw. bei einer Prüfung aber plötzlich nicht mehr.

Das Informationsblatt gliedert sich in drei Teile:

  • Lernfallen im engeren Sinne
  • Lerncheck als Hilfe gegen Fallen
  • Fallen bei der Prüfungsvorbereitung

Wenn Ihr Kind unter Lernproblemen leidet, empfehlen wir, dass Sie zunächst einmal (im Sinne der Selbsthilfe) dieses Blatt gemeinsam studieren und vielleicht auch den Lerncheck durchführen.

Lernfallen im engeren Sinne

Die „Silvester-Falle“

Zu Silvester fassen viele Menschen gute Vorsätze für das neue Jahr: „Im nächsten Jahr wird alles anders“, „Ab jetzt lerne ich ganz viel“ ... Für Schüler ist „Silvester“, wenn es Zeugnisse gibt, am Schuljahresanfang oder nach schlechten Noten. Das Spiel ist immer das Gleiche: Ein großer Vorsatz, ein gutes Gefühl dabei – und der Kater, wenn man feststellt: Nichts hat sich geändert.

Die Aufschub-Falle

Statt sofort anzufangen, gibt es immer etwas, was man mal schnell erledigen könnte: aufräumen (sonst absolut verhasst), ein bisschen in einer Zeitung schmökern, kurz mal am Computer spielen ... Nachher ärgert man sich zwar, aber schon am nächsten Tag denkt man nicht mehr daran und das Spiel beginnt von neuem.

Die Gedanken-Falle

Oft halten Gedanken davon ab, Probleme einfach anzupacken: „Das ist alles so schwierig“, „Ich kann es ohnehin nicht“, „Der Marco schafft es auch, ohne zu lernen“ usw. Genau besehen stimmt fast keiner dieser Sätze, vor allem nicht für einen selbst. Marco schafft es, ohne zu lernen – man selbst aber eben nicht, und das ist die Wirklichkeit. Über diese Ungerechtigkeit des Schicksals kann man sauer sein, aber das ändert nichts. Und selbst wenn das Lernen schwierig ist – wer sagt einem, dass man diese Schwierigkeit nicht packt? Vielleicht muss man andere Wege gehen. Aber daran hindert einen eine andere Haltung: dass man nämlich ein Gewohnheitstier ist, und selbst wenn eine Lerngewohnheit nicht zum Erfolg führte, ist sie einem doch lieb und teuer.

Lerncheck als Hilfe gegen die Lernfallen

Manager sind nicht immer Vorbilder. Aber im Bereich des Arbeitsmanagements kann man von ihnen lernen.

Schlagen Sie die folgende Methode Ihrem Kind vor und gehen Sie die Ergebnisse nach einiger Zeit zusammen durch. (Tipp: Bestehen Sie bei älteren Kindern und Jugendlichen aber nicht darauf, die Ergebnisse vorgelegt zu bekommen. Pubertierende Jugendliche sind gegenüber etwas, das sie als Kontrolle empfinden, recht empfindlich.)

Der Lerncheck (oder weniger modernistisch ausgedrückt: das Lerntagebuch) ist ein gutes Selbstdiagnosemittel. Voraussetzung ist aber gnadenlose Ehrlichkeit. Und so funktioniert es: Man notiert in Tabellenform für jeden Tag und jede schulbezogene Einzelaktivität die genauen (nicht nur ungefähren) Arbeitszeiten, das Fach und in Stichpunkten die Art der Tätigkeit (z.B. Aufgaben gerechnet, Vokabeln gelernt). Außerdem notiert das Kind (ebenso gnadenlos) mögliche Aufschubhandlungen (Was hinderte einen, zu der Uhrzeit zu beginnen, zu der man anfangen wollte?) und die „Konzentrationskiller“ (Was lenkte immer wieder ab – z.B. Gedanken, Handy, äußere Umstände?).

Nach 14 Tagen kann man Bilanz ziehen:

  • Man rechnet die Arbeitszeiten pro Tag zusammen. Weniger als 1,5 bis 2 Stunden pro Werktag? Dann darf sich kein Schüler wundern, wenn Leistungen schlecht sind. Wichtig ist außerdem die Arbeitszeit in Problemfächern.
  • Für die Aufschubhandlungen und „Konzentrationskiller“, die immer wieder auftauchen, muss man sich Lösungen überlegen.

Allein die Dokumentation des eigenen Lernens hat oft einen therapeutischen Effekt!

Manchmal hilft die Veränderung von Rahmenbedingungen (Ort und Zeit von Hausaufgaben).

 

Fallen bei der Prüfungsvorbereitung

Die Selbstbetrugsfalle

Wer nur alte Übungen bearbeitet, wird Opfer von Erinnerungseffekten. Deshalb auch unbekannte Übungen machen, z.B. aus Lernhilfebüchern. Wichtig ist es auch, solche Aufgaben zu bearbeiten, die im Schwierigkeitsgrad einer Schulaufgabe entsprechen.

Die Zeitfalle

Oft gibt ein Schüler sich damit zufrieden, einen Stoff zu kapieren. Vor allem in Mathematik aber reicht das nicht, man muss auch flott arbeiten können. Tempotraining in kleinen Schritten betreiben!

Tempotraining

Konkret kann das so ausschauen (am Beispiel Mathematik): Nach Phasen der Einführung eines neuen Stoffes, in denen man sich wirklich Zeit lassen muss, um die Aufgabentypen zu verstehen, erfolgen in der Regel im Unterricht und vor allem auch als Hausaufgaben sichernde Übungsphasen. In dieser Zeit sollte das Kind bei einer Aufgabe stoppen, wie lange es braucht (beispielsweise drei Minuten 20 Sekunden). Die nächste Aufgabe desselben Typs und Schwierigkeitsgrades sollte es dann in ein wenig schnellerer Weise (z.B. drei Minuten zehn Sekunden) zu lösen versuchen. So geht es dann in kleinsten Schritten weiter. Auf diese Weise entwickelt das Kind ein Gespür für die Zeit, ohne dass die Übungen mit Zusatzarbeit verbunden wären und ohne dass ein übergroßer Zeitdruck entsteht, der Stress macht, überfordert und Motivation kostet. Bei der Schulaufgabenvorbereitung ist es auch wichtig, dass das Kind trainiert, flott zu arbeiten (siehe auch „Prüfungen effektiv vorbereiten“).

Weitere Ursachen von Tempoproblemen in Mathematik

Häufig entstehen Tempoprobleme vor allem in der Unterstufe dadurch, dass ein Kind schlecht im Kopf rechnen kann, grundlegende mathematische Rechenprozeduren (z.B. das schriftliche Multiplizieren oder Dividieren) oder das Einmaleins nicht beherrscht. Wer z.B. bei Brüchen kürzen soll, tut sich schwer, wenn ihm nicht klar ist, dass 63 ein Vielfaches von 7 oder 9 ist. Sollten Sie den Eindruck haben, Ihr Kind habe hier Defizite, üben Sie mit ihm Kopfrechnen und das Einmaleins. Das kann man oft in spaßiger Weise während einer langweiligen Autofahrt machen. Nebenbei ist es auch ein Gehirnjogging für den Erwachsenen. Bei Einmaleinsproblemen sollte das Kind sich ein Einmaleins nach dem anderen erobern. Nicht alles gleichzeitig angehen!

Die Anschaufalle

Wer Stoff und Aufgaben nur anschaut, dem kommt alles verständlich vor. Ob man den Stoff beherrscht, weiß man erst durch Anwendung von Regeln, Rechnen von Aufgaben oder indem man ihn anderen erklärt.

Die Ziellosigkeitsfalle

Wer Fremdsprachenprüfungen vorbereitet, indem er nur die Grammatik und Vokabeln wiederholt, übersieht, dass z.B. eine Übersetzung zu machen mehr verlangt als Grammatik- und Vokabelkenntnisse. Also gezielt die angekündigten Aufgabentypen vorbereiten!         

Die „Zu-spät-zu-viel“-Falle

Alles, was man nach einer Stunde lernt, speichert man nicht mehr. Zehn Tage je eine halbe Stunde zu lernen bringt mehr.


Wir hoffen, Ihnen einige nützliche Hinweise gegeben zu haben, und wünschen Ihnen und Ihrem Kind eine gute Zeit.

 

Mit herzlichen Grüßen

 

Carolin Herrmann

Beratungslehrkraft Gymnasium Lohr

 

 

Mit freundlicher Genehmigung von:

Alexander Geist, StD, Staatlicher Schulpsychologe, Supervisor (BDP)

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